Das große Putzen: Eine deutsch-türkische Mission
Junge Menschen aus Istanbul und Berlin engagieren sich gemeinsam für den Umweltschutz in ihren Heimatstädten – und setzen dabei auf ungewöhnliche Aktionen.
Wirklich viel über Istanbul, erzählt die 16-jährige Berlinerin Hannah, habe sie vorher gar nicht gewusst. Klar, die größte Stadt der Türkei, gelegen am Bosporus – aber sonst? Metehan, 19 Jahre alt und angehender Wirtschaftsingenieur in Istanbul, ging es ähnlich: „Ich war noch nie in Deutschland, Berlin kannte ich nur aus dem Internet.“ Gerade deshalb ließen sich beide schnell überzeugen, bei „Jugend gestaltet Städtepartnerschaft“ mitzumachen. „Ich engagiere mich sowieso im Kinder- und Jugendparlament bei uns“, so Hannah. „Wenn wir uns mit jungen Menschen aus anderen Metropolen zusammentun, können wir noch viel mehr erreichen.“
Ein Umwelt-Thema anpacken
Was genau sie erreichen wollen, haben Hannah und Metehan im Sommer und Herbst 2021 in mehreren Online-Workshops mit zahlreichen Mitstreiter*innen aus beiden Städten diskutiert. Schüler*innen und Student*innen waren dabei, außerdem mehrere Vertreter*innen der Kommunen rund um Maike Hoffmann, die im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg für das Kinder- und Jugendparlament zuständig ist, und Can Ak von der Jugendabteilung der Istanbuler Kommunalverwaltung. „Wir wussten ziemlich bald, dass wir ein Umwelt-Thema anpacken wollen“, erzählt Metehan. „Berlin und Istanbul sind beide Städte mit vielen Millionen Einwohnern, Verkehrsprobleme und Verschmutzung haben da noch einmal mehr Brisanz als in kleineren Kommunen.“ Fast 1,4 Millionen Tonnen Hausmüll fallen zum Beispiel pro Jahr allein in Berlin an, in Istanbul mit seiner viermal so zahlreichen Bevölkerung sind es noch deutlich mehr.
Der Favorit: Gemeinsames Müllsammeln
Projekttage in Schulen organisieren? Eine zweisprachige Plakat-Offensive starten – oder gleich eine breit angelegte Social Media-Kampagne über Instagram, TikTok und YouTube? Ideen hatten die Teilnehmenden viele, allerdings: „Social Media-Kanäle dauerhaft mit Inhalten zu versorgen, kann schwierig werden“, meint Maike Hoffmann. „Deshalb fiel die Entscheidung, erst einmal mit einer sehr konkreten, greifbaren Veranstaltung zu beginnen.“ Der demokratisch auserkorene Favorit: eine gemeinsame Müllsammel-Aktion, zeitgleich in Berlin-Tempelhof und Istanbul, für die die jeweiligen Städte-Teams über Instagram möglichst viele junge Menschen mobilisieren. Von den Kommunen ausgerüstet mit Müllsäcken und Schutzhandschuhen sollen die jungen Umweltschützer*innen losziehen und so zeigen, welchen Beitrag lokale Aktionen leisten können.
Die richtigen Ansprechpartner*innen einbinden
„Es sollte eine Veranstaltung sein, bei der alle unkompliziert und ohne große Vorbereitung mitmachen können“, berichtet Hannah. „Währenddessen wollen wir uns über Zoom zusammenschalten, damit es eine echte Gemeinschaftsaktion wird.“ Den ursprünglich geplanten Termin musste das Projekt-Team zwar verschieben, weil zwischenzeitlich in Berlin die Corona-Regeln verschärft worden waren. Maike Hoffmann aber ist zuversichtlich, dass in den nächsten Monaten ein neuer Anlauf gelingt und sie über ihre Kontakte in die Kinder- und Jugendarbeit, zur Berliner Stadtreinigung und der Bezirksverwaltung etwas auf die Beine stellen kann. „Das ist das Gute bei einem Projekt, das Jugendliche und kommunal Verantwortliche zusammenbringt“, meint sie. „Man kann gleich die richtigen Ansprechpartner*innen in der Verwaltung einbinden und so vieles vereinfachen.“
„Auf einer Wellenlänge“
Die Erkenntnis, wie ähnlich die Herausforderungen in beiden Städten sind und wie sehr sie die junge Generation beschäftigen, hat das Projekt den Teilnehmenden bereits jetzt gebracht. „Wir waren alle auf einer Wellenlänge“, so Hannah. Was Metehan vor allem darauf zurückführt, dass „junge Leute einfach besser beobachten können als Erwachsene“, wie er sagt. Dementsprechend wollen beide nicht auf die große Politik warten: „Wenn die Regierungen nicht handeln, packen wir eben selbst an“, sagt Hannah. „Dass sich Jugendliche aus zwei unterschiedlichen Kulturen für die gleichen Anliegen engagieren, zeigt ja deutlich, wie ernst es uns mit dem Umweltschutz und der Völkerverständigung ist.“
Das Projekt ist Teil der Projektreihe „New Pathways for German-Turkish Youth Exchange“ der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke.
Die Projektreihe wurde aus Mitteln des Auswärtigen Amtes finanziert.