Diversitätsorientierte Jugendarbeit – Fortbildung für Fachkräfte aus Deutschland und der Türkei
Migration und Diversität prägen die Gesellschaften in Deutschland und der Türkei. Diese Vielfalt macht unsere Leben bunter und interessanter, stellt junge Menschen jedoch vor Herausforderungen, wenn sie Rassismus und Diskriminierung erfahren. Aber wie können Fachkräfte diese negativen Erfahrungen Jugendlicher aufgreifen und sie durch Sensibilisierung stärken? YUVA Association aus Istanbul und transfer e. V. aus Köln brachten in der zweiteiligen Fortbildung „Diversitätsorientierte Jugendarbeit“ zehn Jugendarbeiterinnen zusammen – sechs aus Deutschland, vier aus der Türkei. Dort lernten sie praxisnahe Methoden und Ansätze kennen, um ihre eigene Arbeit diversitätsbewusster und antidiskriminierend zu gestalten.
Diskriminierungsformen erkennen – praxisnahe Methoden entwickeln
An einem sonnigen Freitagmorgen findet der letzte Tag des ersten Fortbildungsmoduls im Goethe-Institut Izmir statt. Im Seminarraum hängen Plakate mit stichpunktartigen Biografien und gezeichneten Selbstporträts der Teilnehmenden an den Wänden. Auf Tafeln hinten im Zimmer befinden sich kunterbunte Zettel mit Ergebnissen der vergangenen Tage. Deutsche, englische und türkische Sprachfetzen fliegen durch die Luft. Die gemeinsame Kommunikationssprache aber ist Englisch.
Erdem Vardar von YUVA erklärt, wie die bisherigen zwei Tagen des Seminars abgelaufen sind: „In den ersten beiden Sitzungen haben wir Begriffe wie Vorurteile, Identität und Diskriminierung besprochen und setzten Spiele zu diesen Themen praktisch um. Später haben wir erarbeitet, wie man mit Jugendlichen bezüglich dieser Begrifflichkeiten arbeiten und wie man an sie herantreten kann.
„An welche Organisationen können wir uns wenden, um aktiv zu werden?“
Nachdem sich alle an ihre Sitzplätze begeben haben, erklärt Vardar den Teilnehmerinnen das heutige Programm. An der Wand stehen vier noch leere Tafeln. Sie sollen am Ende der Sitzung mit den Namen von Organisationen aus der Türkei und Deutschland gefüllt sein, die sich auf die Themenbereiche ethnische und religiöse Minderheiten, Frauen, Migrant*innen und Geflüchtete sowie sexuelle Minderheiten spezialisiert haben und Menschen Unterstützung und Hilfe bieten. Die Teilnehmerinnen teilen sich in vier Gruppen auf und fangen an, konzentriert zu arbeiten. Nach und nach füllen sich die leeren Tafeln.
Draußen im Korridor steht ein Tisch mit Kaffee, Tee und Snacks für eine kleine Stärkung zwischendurch – auch ein Ort der Begegnung, Vernetzung und des Austauschs. Hier kommt es zu regen Gesprächen. Beybin Elvin Tunç war schon häufiger bei Projekten mit dabei, die von der Jugendbrücke gefördert wurden. Sie erklärt, woran das liegt: „Mein Arbeitsbereich ist Interkulturelles Lernen zwischen der Türkei und Deutschland. Ich arbeite als Bildungskoordinatorin für eine NGO in Brüssel. Seit mehreren Jahren beteilige ich mich an den Veranstaltungen der Jugendbrücke. Damals habe ich am „Global Playgrounds“-Workshop in Berlin teilgenommen und konnte dort viel mitnehmen. Die Begegnung in Berlin hat für mich so viel in Bewegung gesetzt.“
Von anderen Methoden lernen, eigene Methoden entwickeln
Pünktlich um 12 Uhr beginnen die Präsentationen, die Teilnehmerinnen machen Notizen und ergänzen zwischendurch die Tafeln mit weiteren Punkten. „Ich habe so viele Notizen hier gemacht“, sagt Pelda Çoko Şehir aus Istanbul. „Das Erste, was ich zu Hause machen werde, ist, diese Notizen zu ordnen und ein Dokument anzufertigen. Denn ich möchte nichts, was ich hier gelernt habe, verlieren“.
Nach der Mittagspause geht es weiter mit der Evaluation des Tages. „Das Wichtigste bei dieser Fortbildung ist“, erklärt Mevlüde Sahillioğlu aus Ankara, die seit Jahren für verschiedene NGOs tätig ist, „dass die Teilnehmenden alle Spezialistinnen in ihren Bereichen sind. Die Erfahrungen dieser Menschen zu hören, ist sehr wichtig für mich. Das ist eine Bereicherung. Das, was ich in mein Berufsleben mitnehmen werde, sind z. B. die Icebreaker, da habe ich was dazugelernt. In der Türkei werden auch interaktive Spiele angewandt, aber wir brauchen auf jeden Fall noch mehr Erfahrungen und Beispiele. Ich denke, es muss mehr investiert werden in solche Fachkräftefortbildungen.“
Emine Erol aus Berlin berichtet, was sie in den letzten drei Tagen erlebt hat: „Ich werde mit einem gefüllten Methodenkoffer zurück nach Berlin fahren. Es sind tolle Ideen dabei, die ich auf jeden Fall anwenden werde. Manche Methoden, die wir hier besprechen, müsste ich bei meinen Jugendgruppen etwas anpassen, da dort die Dynamik anders ist. Mir gefallen auch die Dynamik und Atmosphäre hier in der Gruppe. Ich habe mich sehr schnell gut aufgehoben gefühlt unter all den anderen Teilnehmerinnen.“
Als Abschluss des Workshops erhalten die Teilnehmerinnen eine Hausaufgabe, welche bis zum nächsten Modul bearbeitet wird. Sie sollen die Ergebnisse der letzten drei Tage gedanklich vertiefen und ihre eigene Methode entwickeln, welche sie dann im Folgemonat in Köln vorstellen.