Creative Swap – Soziale Medienkompetenz trifft deutsch-türkischen Austausch
Das Online-Programm „Creative Swap“ der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke fördert die Social Media-Kompetenz junger Menschen und verbindet sie mit interkulturellem Austausch – digital, kostenlos und ohne viel organisatorischen Aufwand für die Lehrkräfte.
Im Rahmen der Workshops reflektieren die Schüler*innen ihre Mediennutzung, erproben am Beispiel Instagram neue Wege des Umgangs mit sozialen Medien und lernen, sich im digitalen Raum sicher zu bewegen. Angeleitet von den Expert*innen setzen die Teilnehmenden ihre Ideen in Fotoprojekten um, erlernen Grundtechniken der Fotografie und erstellen ihre eigene Online-Ausstellung.
Creative Swap ist ein Projekt der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke, das von der Agentur „Friendzone.Studio” konzipiert und organisiert wird. Es wird in Kooperation mit dem Goethe-Institut Istanbul umgesetzt. Das Programm orientiert sich an der Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ der Kultusministerkonferenz. Creative Swap wird seit 2021 durchgeführt.
Mit Kamera und Kreativität
Einblicke in den Austausch zwischen der Ramazan Atıl Anadolu Lisesi in Adana und dem Friedrich-Rückert-Gymnasium in Düsseldorf
Austausch und Ausstellungen gehen auch digital: Das beweist das deutsch-türkische Austauschprojekt „Creative Swap“, das von der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke gefördert wird. Durch die gemeinsame Umsetzung einer digitalen Ausstellung lernen Schüler*innen aus Deutschland und der Türkei hier nicht nur etwas zu Social Media und Fotografie, sondern gewinnen ganz automatisch auch Einblicke in die Lebenswelten von Gleichaltrigen im Partnerland – und das alles ganz einfach als Teil des Schulunterrichts.
Sowohl in Düsseldorf als auch in Adana übersteigen die Temperaturen die 30-Grad-Marke und trotzdem lassen es sich rund 40 junge Leute nicht nehmen, vor ihren Computern zusammen zu kommen, um am letzten Workshop des Projektes „Creative Swap“ teilzunehmen. In insgesamt vier Online-Veranstaltungen lernen die Jugendlichen aus Deutschland und der Türkei dabei etwas über Social Media und Fotografie und kreieren gemeinsam eine Ausstellung – und das alles komplett im digitalen Raum. In diesem Austausch zwischen dem Ramazan Atıl Anadolu Lisesi in Adana und dem Friedrich-Rückert-Gymnasium in Düsseldorf steht alles unter dem Überthema „Hass im Netz“.
Doch bevor es zu den ernsten Themen kommt, wird am Anfang des Treffens erst einmal mit der Frage „Welche Superkraft hättet ihr gerne?“ die Stimmung gelockert. Länderübergreifend wünschen sich einige Teilnehmende, sich teleportieren zu können – bei diesen Temperaturen am liebsten direkt an den Strand! Seher sagt, er möchte unsichtbar sein, Kerem will durch die Zeit reisen und den Zweiten Weltkrieg stoppen.
Dass die Ziele der Jugendlichen groß sind, zeigt sich nicht nur an ihren Träumen nach einer Superkraft, sondern auch in dem, was sie während des Austauschprogramms innerhalb von vier Wochen kreiert haben: Eine digitale Ausstellung zum Thema „Hass im Netz“, die sich inhaltlich und künstlerisch sehen lässt.
Große Themen, tiefe Symbolkraft
An diesem Freitag treffen sich die Teilnehmenden ein letztes Mal digital, um sich gegenseitig Einblicke in die finalen Ergebnisse zu geben. Nach einer ersten Projektphase, in der sich die jungen Menschen aus Deutschland und der Türkei mit fotografischen Selbstportraits selbst ausdrücken und den Umgang mit Kamera und Smartphone üben konnten, haben sie anschließend in binationalen Kleingruppen Fotoreihen erstellt.
Dabei machten die Jugendlichen aus Deutschland und der Türkei keineswegs vor herausfordernden Themen halt und setzten sich künstlerisch mit großen Fragen wie Akzeptanz, Geschlechtergerechtigkeit und Solidarität auseinander. Egal ob in Adana oder Düsseldorf: Das scheinen Themen zu sein, die die jungen Menschen bewegen und über Ländergrenzen hinweg verbinden. Mit symbolischen Elementen übermitteln die Jugendlichen mit ihren Fotos tiefe Botschaften, die sie sich für ein globales Miteinander wünschen: „Bei unseren Bildern zum Thema Akzeptanz hat jedes Bild ein Detail mit bunten Farben. Das zeigt, dass wir eins sind, dass wir multikulturell sind und uns nicht auf eine Farbe beschränken lassen“, sagt Maissa bei der Vorstellung ihres Gruppenprojekts. Ähnlich geht es Wiktoria und ihrer Gruppe, die den Himmel als zentrales Moment in ihrer Fotoserie nutzen: „Das drückt aus, dass wir alle unter demselben Himmel sind – und damit alle gleich sind und gleiche Rechte haben sollten“, erklärt sie. „Ich weiß, etwas kitschig“, fügt sie an und lacht.
Fotografin Charlotte Schmitz vom Berliner friendzone.studio, die die Workshopreihe gemeinsam mit Projektmanagerin Marie Hartlieb durchführt, ist beeindruckt: „Selbst für mich als professionelle Fotografin kann es herausfordernd sein, diese abstrakten Themen visuell umzusetzen. Die Arbeiten der Jugendlichen haben gezeigt, wie viel Kraft und Inspiration entstehen, wenn man Projekte in einem Kollektiv umsetzt.“ Mit ihrer Expertise hat sie den Jugendlichen fotografisches Know-how zu Licht, Goldenem Schnitt und vielem mehr nahegebracht, und ist begeistert über die Kreativität und Lernfreude der jungen Erwachsenen.
Neue Fähigkeiten, neue Freund*innen
Und auch die Teilnehmenden nehmen viel aus dem Fotografieprojekt mit. „Die Workshops haben meinen Blick fürs Detail geschult“, erzählt Amelie. „Und ich habe mich kreativ empowered gefühlt, dadurch, dass wir unsere Themen selber wählen konnten.“ Auch Training in Selbstorganisation und digitaler Kollaboration kommen nicht zur kurz: Über WhatsApp tauschen sich die Jugendlichen aus, geben sich gegenseitig Feedback zu den Bildern und treffen Absprachen. „Das hat auch meine Managementfähigkeiten gestärkt“, berichtet Melda. Zusätzlich haben sich die Schüler*innen intensiv mit dem Thema „Hass im Netz“ auseinandergesetzt und in ihre Ausstellung auch Tipps für den Kampf dagegen präsentiert: Wie wäre es zum Beispiel, Hasskommentaren positive Botschaften entgegen zu setzen?
Für viele der Teilnehmenden war außerdem das interkulturelle Element des Austauschs besonders: „Es war spannend mit Menschen aus unterschiedlichen Ländern zusammenzuarbeiten und gemeinsam etwas zu kreieren, obwohl man nicht am selben Ort ist“, erzählt Svenja. Und auch Elif Naz ist dankbar für die Erfahrung: „Für mich war es das erste Mal, dass ich auf Englisch mit jemandem außerhalb der Türkei direkt sprechen konnte. Das hat nicht nur meine Sprache verbessert, sondern ich konnte hier auch neue Freundschaften knüpfen.“
Dieser Austauschcharakter des Projekts ist den beiden Organisator*innen besonders wichtig: „Wir selbst haben uns bei einem Austausch kennengelernt, deswegen wissen wir, wie lebensverändernd so etwas sein kann“, erzählt Charlotte Schmitz. „Zu Beginn der Pandemie war uns klar, dass wir die enge Verbindung zwischen Deutschland und der Türkei nicht schleifen lassen wollen, sondern digitale Wege des Austauschs ermöglichen möchten“, fügt Marie Hartlieb an. „Man merkt sehr, wie groß das Bedürfnis der Jugendlichen ist, in neuen Kontexten zusammenzukommen – und wie hart die Pandemie junge Menschen getroffen hat.“
Vom digitalen in den analogen Raum
Auch die Lehrer*innen von den Schulen aus Deutschland und der Türkei, die bereits im Vorhinein gemeinsame Projekte umgesetzt haben, sind sehr angetan vom Projekt: „Es war toll zu sehen, wie die Schüler*innen all unsere Erwartungen übertroffen haben – trotz dieses schon so stressigen Schuljahrs“, erzählt Lehrer Tim Berswordt-Wallrabe.
Was als Notlösung während der Pandemie begann, kann weiter als niedrigschwelliges Angebot für Austausch zwischen Deutschland und der Türkei dienen, das sich gut in den Schulunterricht integrieren lässt: „Das Projekt konnte eine Abwechslung zum restlichen Schulalltag bilden und auf vielen Ebenen neue Impulse setzen“, sagt Tim Berswordt-Wallrabe. Und auch Sebla Döner vom Adana Ramazan Atıl Anadolu Lisesi betont, wie gelungen sich Creative Swap an das Curriculum in der Türkei angliedert: „Neben der akademischen Bildung enthält der schulische Lehrplan auch Wertevermittlung. Einige dieser Werte decken sich genau mit den Zielen des Creative Swap-Projekts: Gerechtigkeit, Freundschaft, Ehrlichkeit, Selbstbeherrschung, Respekt.“ Tim Berswordt-Wallrabe ist überzeugt davon, dass es viele verschiedene Wege gibt, wie sich „Creative Swap“ in den Schulalltag eingliedern lässt: „Ob in einem themenspezifischen Projektkurs wie bei uns oder beispielsweise im Englischunterricht als Sprachtraining: Ich glaube so ein kreatives Projekt lässt sich an vielen Stellen sinnvoll andocken.“
Gerade die Integration sozialer Medien sei dabei etwas, womit man junge Menschen abholen und inspirieren könne, ergänzt Tim Berswordt-Wallrabe: „In dem Projekt wurde Social Media als selbstverständlicher Teil der Lebenswelt der Jugendlichen in den Schulalltag integriert, ein sensibler Umgang damit geschult und soziale Medien aus einem positiven Blickwinkel heraus beleuchtet.“
Und ausgehend von der digitalen Welt können auch Formate in Präsenz daran anknüpfen: Charlotte Schmitz schlägt eine Ausstellung der entstandenen Fotografien in den jeweiligen Schulen vor und einige der Schüler*innen aus Düsseldorf sitzen bereits an einem Buch zur Dokumentation ihres Projektkurses. Und natürlich sehnen sich alle danach, die neuen Freund*innen und Orte in Zukunft vielleicht auch noch einmal mit eigenen Augen und nicht nur durch die Kameralinse zu sehen.
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